Vom HAK-Absolventen zum Meister des Jahres 2024
Im Januar 2025 wurde ich zum Meister des Jahres 2024 in der Steiermark gewählt. Ein Moment voller Freude und Stolz und ein Preis, der mir gezeigt hat, dass sich die vielen Jahre voller Herausforderungen ausgezahlt haben.
Aller Anfang ist schwer
Geboren in Bosnien und Herzegowina schickte mich mein Vater mit 18 Jahren nach Graz, um zu studieren. In Österreich angekommen, besuchte ich zunächst einen einjährigen Deutschkurs, um mich auf mein kommendes Studium der Betriebswirtschaftslehre vorzubereiten. Das Studium stellte sich als große Herausforderung heraus, denn obwohl mein Deutsch gut war, waren zunächst der steirische Dialekt und später der österreichische Gesetzestext eine echte Hürde. Doch ich blieb dran und beendete nach sechs Jahren erfolgreich mein Studium.
Mit dem Titel in der Tasche blieben mir nur sechs Monate, um eine Arbeitsstelle zu finden, damit ich mein Visum nicht verlor. Doch zu dieser Zeit war der Markt überfüllt mit Akademiker:innen, und in vielen Absagen wurde mir gesagt, dass ich überqualifiziert sei. Nach 63 Bewerbungen und nur drei (negativen) Rückmeldungen lief mein Visum ab und ich musste das Land verlassen. Gemeinsam mit meiner Frau und unserem ersten Kind zogen wir zurück in unser Heimatland.
Nach zwei Jahren wagte ich einen neuen Versuch, in Österreich Fuß zu fassen, und begann ein Masterstudium, in der Hoffnung, so eine Arbeitsstelle in Graz zu finden. Meine Frau und Tochter musste ich jedoch in Bosnien zurücklassen. Kurz vor Ende des Studiums erzählte mir ein Kollege, der sein Masterstudium bereits abgeschlossen hatte, dass auch er keine Arbeit finden konnte. Aus Angst, in dieselbe Situation zu geraten, informierte ich mich über Mangelberufe in Österreich. So kam ich auf die Idee, am HTL-Kolleg Elektrotechnik zu studieren.
Damit begannen zwei Jahre voller harter Arbeit: Vormittags studierte ich, nachmittags arbeitete ich als Reinigungskraft, und abends besuchte ich das HTL-Kolleg. In dieser Zeit machte ich mich als Hausbetreuer selbstständig, durfte jedoch aufgrund einer Konkurrenzklausel in meinem Arbeitsvertrag ein Jahr lang nicht in dieser Branche arbeiten.
Die Pandemie als Chance nutzen
Nach meinem HTL-Abschluss fand ich endlich eine Arbeitsstelle als Automatisierungstechniker und konnte meine Familie nach Österreich holen. Doch dann kam die nächste Herausforderung: die Covid-19-Pandemie.
In den Monaten der Kurzarbeit baute ich meine Reinigungsfirma auf und erhielt zu Zeiten der Pandemie viele Aufträge. In dieser Phase entschloss ich mich, den Meister als Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger zu machen. Wenige Monate nach meiner ersten Meisterprüfung entdeckte ich eine neue Marktlücke: die Schädlingsbekämpfung. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der gesamten Steiermark weniger als zehn Kammerjäger. Innerhalb weniger Monate absolvierte ich auch die Meisterprüfung als Schädlingsbekämpfer und bot meinen Kunden diesen zusätzlichen Service an.
Zuletzt wurde ich von einem Kunden gebeten, im gesamten Stiegenhaus auf LED-Glühbirnen umzusteigen. Doch um diese zu installieren, brauchte ich eine Befähigungsprüfung. Lange überlegte ich nicht und erwerbe im März 2025 die Befähigung zum Elektrotechniker.

Meister des Jahres 2024
Im Februar 2025 wurde meine harte Arbeit endlich belohnt. Bei der diesjährigen Meisterfeier in Graz wählte mich das Publikum zum Meister des Jahres 2024 in der Steiermark. Ein emotionaler und stolzer Moment für mich. Mein Tipp an die jüngere Generation: „Nutzt Mangelberufe als Karrierechance!“
Zukunftswünsche
Nun möchte ich mich auf die Erweiterung meines Unternehmens konzentrieren, dabei ist es mir wichtig, immer bodenständig zu bleiben. „Ich möchte nicht für teure Autos bekannt sein, sondern dafür, dass ich gute Arbeit leiste. Wenn man bei jedem Kunden 110 % gibt, dann wird das auch geschätzt. Lieber bin ich meinen Mitarbeitern ein gutes Vorbild als ein Chef, der nur im Büro sitzt und nicht mit anpackt.“
In Zukunft möchte ich meine Kinder ins Unternehmen holen und einen Familienbetrieb aufbauen. Ob noch ein weiterer Meistertitel dazukommt, bleibt offen. Wo eine Marktlücke ist, da ist auch ein Meistertitel!